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Wenn einer eine Reise tut...

...dann kann er was erzählen.
Oder erstmal nur Bilder sprechen lassen:



Zum Beispiel, dass Deichmann in der Schweiz Dosenbacher heisst. Das macht die Schuhe nicht schöner, sondern nur teurer, weil hier eben einfach alles teurer ist. Oder das es unmöglich ist, in Zürich an ein Eis zu kommen. Überall gibt es Wurststände, aber keine Eisdiele und erst recht keinen Frozen Yogurt. Pffh. 

Und dass es auch in der Schweiz reichlich Jungesellinnen-Abschiede mit peinlichen T-Shirts und noch peinlicheren Ritualen gibt.
Ich könnte erzählen, dass Bahnfahren ohne iPod unmöglich ist, dass mir Fahrt von Stuttgart nach Zürich wunderbar still und angenehm schien, bis ich die Kopfhörer abgenommen hatte. Aaaah, Menschenlärm! Und man muss laute Musik hören, kräftige Stimmen. Karen Elson & Nouvelle Vague können nicht gegen Noah, der auf's Klo muss, und den Typen mit Halbglatze & Pferdeschwanz anwispern, der ganz laut "Guck mal, MADSCHI!" zu seiner Freundin brüllt, als der Zug Maggi passiert.

Ich könnte berichten, dass Zürich wunderschön ist und ich mich in den See verknallt habe. Und ein bißchen in den wirklich wunderschönen tätowierten jungen Mann, der die sehr guten, aber viel zu teuren Maisküchlein auf Tomaten-Bohnen-Ragout serviert hat. Ich glaube, da war Gold mit drin.

Es wäre sicher auch interessant zu lesen, wie ich kurzzeitig den Verstand verliere und stundenlang durch die Hitze renne, hin und her, und alles nur, weil ich mich nicht für etwas zu essen entscheiden kann. Weil alles so teuer ist. Die spinnen ja, die Schweizer. Ich zahl' doch nicht so viel für Essen vom Glutamat-Chinesen/Subway/Dönermann, Mann. Und zweimal am Tag kann ich mir keine goldenen Maisküchlein leisten, egal wie hübsch der junge Mann auch sein mag. Wie ich so lange renne, bis ich fast gar keinen Hunger mehr habe. Wie mich die Nutten und die kleinen jüdischen Jungs mit ihren Schläfenlocken, die sich dieses amüsante Stadtviertel teilen, schon anstarren, bis ich mich endlich für eine Take-away-Pizza entscheide, die nicht ganz so teuer ist und daher vermutlich nur Silber enthält.

Ich könnte darüber schreiben, wie ich erschöpft auf meinem Hotelbett liege, die hart erkämpfte Pizza (Kämpfe, die man mit sich selbst ausficht, sind die härtesten, finde ich) mampfe, Rivella trinke und von dem ganzen Tag, der vielen Sonne und den mindestens 400 Fernsehprogrammen völlig überfordert bin. Ah, die American Gladiators gibt es immer noch, erwachsene Menschen, die sich mit riesigen Wattestäbchen von Podesten prügeln, zwischendrin werden sie von Hulk Hogan angeschrieen, das ist wohl die Moderation. Astro-TV. Ich möchte mir nicht alle Lebensentscheidungen von einem hässlichen Steinamulett in Herzform abnehmen lassen, ich mache lieber eigene Fehler. Der Ah-Bra wird auf Schweizer Deutsch angepriesen. Seine Vorzüge erschließen sich mir dennoch nicht, ich möchte immer noch keinen von meiner besten Freundin geschenkt kriegen.

He, ich könnte doch auch erzählen, dass ich auf Reisen meine Angst, wichtige Dinge zu verlieren/verlegen auf viel höherem Niveau auslebe als zu Hause.
Wo ist der Hotelschlüssel? Wo ist der Geldbeutel? O Gott, ist noch alles drin im Geldbeutel? Die Kreditkarte? Mein Ausweis? Alles weg! Oh Gott, das iPhone!!! Seit ich das habe, ist alles noch viel schlimmer geworden, für mein Nervenkostüm war das keine gute Anschaffung. Ich packe meine Tasche tausend Mal am Tag, um für alles den optimalen, absolut diebstahls- und überhaupt sicheren Platz zu finden. Natürlich suche ich dann tausend Mal am alten Platz und folglich pulsiert tausend Mal am Tag viel zu viel Adrenalin durch meinen Körper. Und dann gibt's ja noch andere Fragen: Habe ich etwas im Hotelzimmer vergessen? Ganz bestimmt, ganz bestimmt die Fahrkarte/das Flugticket. Oder den iPod, den krieg' ich nie mehr wieder und muss den Reiselärm ungefiltert ertragen...

Aber ich lasse es, glaube ich, doch lieber und schreibe nur, dass es zwei wirklich schöne Tage waren und ich es liebe, zu verreisen und mir fremde Städte zu erlaufen. Koste es, was es wolle, Geld oder Nerven oder beides.

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