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8 Dinge


Als ich bei Fünf Dinge  mitmachen durfte (immer und immer wieder: danke!), habe ich lange überlegen müssen, welche fünf Dinge es auf meine Liste schaffen. Denn natürlich gibt es mehr als fünf Gegenstände in meiner Wohnung und meinem Leben, die mir etwas bedeuten und ich habe mich dann mehr oder weniger spontan für fünf Dinge entschieden.

Abgesehen davon, dass die Seite wunderschön ist, hat sie mich dazu gebracht, viel über dieses Thema nachgezudenken, mich bewusst mit den Gegenständen und ihrer Geschichte auseinander zu setzen und plötzlich war mir beides (Gegenstand + Geschichte) wieder ganz nah und deshalb möchte ich die Geschichten von acht weiteren Dingen erzählen.

* Die weisse Spitzenbluse stammt aus dem Nachlass meiner Großtante. Ich kannte sie nicht besonders gut, ich habe lediglich eine vage Erinnerung daran, dass wir sie und ihren Mann mal in Augsburg besucht haben, als meine Schwestern und ich noch klein waren. Aber meine Mutter stand ihr ziemlich nahe und sie haben haben oft telefoniert. Als sie vor 3 Jahren starb, bin ich einmal mit nach Augsburg gefahren, um das Haus zu entrümpeln. Was harte Arbeit war und viel länger gedauert hat als einen Tag, denn das Haus war von oben bis unten vollgestopft mit Zeug, die Tante hatte seit Jahrzehnten nichts mehr weggeworfen. Auf einem der zahlreichen Küchenbüffets im Keller lag das Gebiss vom Onkel, der 1996 verstorben ist, im Bad lagen Schachteln mit in den 80er Jahren abgelaufenen Psychopharmka und die Vorräte an Toilettenpapier und Salz waren immens, wo man hinsah: Berge von Müll. Dieses Haus hat mich traurig gemacht, das ist es also, was bleibt, dachte ich und habe mich abgelenkt, indem ich Kleider übergeworfen und eingepackt habe. Ich bin mit 2 Säcken voller Klamotten nach Hause gekommen, und dort, dem deprimierenden Einfluss des Hauses entkommen, ist das meiste ziemlich schnell wieder rausgeflogen, hauptsächlich weil Mief und/oder Flecken sich nicht entfernen liessen. Diese Bluse habe ich behalten, sie ist eines meiner liebsten Kleidungsstücke, ich trage sie oft, öfter als T-Shirts und passe gut auf sie auf. Danke, Tante.

* Herr von Wau begleitet mich seit meiner Kindheit. Er ist ein weiser Hund, schielt und hört nicht mehr gut, weil das mit halb abgerissenen Ohren eben nicht geht und trägt all seine Zipperlein mit aristokratischer Würde. Er sitzt in einem Regal im Wohnzimmer, schaut sich um und denkt sich vermutlich seinen Teil. Herr von Wau ist mein Ersatz für einen lebenden Hund. So einen mag ich nicht haben, ich mag den Sabber nicht, hasse den Geruch von nassem Fell und kann es nicht leiden, wenn überall Hundehaare hängen. Außerdem würde mir an dem Tag, an dem der Hund stirbt, das Herz brechen. Das wird mir Herr von Wau nie antun.

* Die Frau aus Stein habe ich vor Jahren auf einem der Verkaufsstände auf dem Bizarre-Festival in Köln entdeckt, das es leider nicht mehr gibt. Oder doch? Ich war in meinen Zwanzigern (ah, wie das klingt, damals, so schrecklich lange her) eine leidenschaftliche Festivalgängerin. Mindestens zwei pro Jahr. Mit allem, was - zusätzlich zur Musik - dazu gehört: ewig im Stau stehen, zu fünft im Zelt schlafen, kalte Ravioli essen, mit Blasenentzündung den ganzen Tag vorm Dixieklo stehen, furchtbaren Sonnenbrand kriegen, weil ich zu betrunken war, um an Sonnenschutz zu denken, mit dem Ex knutschen und dann ganz entsetzlich streiten und klar, ich bin ja ein Mädchen, die Verkaufsstände abklappern, während langweilige Bands spielen, die sich die Jungs aber anhören mussten, weil obskure Musikfachzeitschriften das so befohlen haben. Natürlich gibt's dort nur Quatsch zu kaufen, die meisten Dinge habe ich schon vergessen, aber die Frau ist toll und sie ist geblieben. Ich erinnere mich kaum an dieses Festival, nur dass ich schrecklich wütend war, weil wir wegen der Trödelei irgendwelcher Leute so spät losgefahren sind, und so genau die Bands verpasst haben, wegen derer ich überhaupt nur mitgefahren bin (die Cardigans & die Red Hot Chili Peppers). Zum Trost habe ich mir die steinerne Frau gekauft und musste sie den ganzen Abend mit mir rumschleppen. Aber das war es wert.

* Der Troll und der Müller sind winzig klein und ein Überbleibsel aus der Zeit, in der meine damaligen Freunde und ich uns bei jeder Gelegenheit beschenkt haben, gerne auch mal mit dem Inhalt von Überraschungseiern. Mein Freund M wollte uns davon überzeugen, dass die damals schwer angesagten Wunschtrolle tatsächlich funktionieren & Wünsche erfüllen, wenn man ihren Bauchnabel reibt, und hat jedem von uns mindestens einen geschenkt. Wie der Müller zu mir kam, weiß ich nicht mehr, ich glaube, er stammt aus einem Überraschungsei. Meine Wünsche von damals haben sich immer noch nicht erfüllt, bei einigen muss ich sagen: zum Glück, Troll und Müller habe ich aufbewahrt, weil sie mich an tolle Menschen und eine sehr glückliche, unbeschwerte, übermütige Zeit meines Lebens erinnern.

* Gläser, Tasche, Uhr und Füller sind alle Geschenke von meinen Eltern. Die beiden haben ein unglaubliches Gespür für schöne alte Dinge jeglicher Art: Möbel, Lampen, Geschirr, Besteck, Taschen (meine Mutter), Uhren, Fahrräder, Motorräder, Dreiräder, Schreibgeräte, Eisenbahnen (mein Vater): Ob Flohmarkt, Internet, Trödelladen, die beiden werden immer fündig. Die Liebe zu solchen Sachen haben sie mir vererbt, die Geduld und die Spürnase leider nicht. Zum Glück sind sie dazu auch noch unglaublich großzügig, verschenken viel an uns Schwestern und freuen sich, wenn wir uns freuen.


Die Gläser habe ich am längsten, mein Vater hat sie mir während der Ausbildung zur Krankenschwester geschenkt. Ursprünglich waren es mal drei, aber eines ist wegen meiner Ungeschicklichkeit kaputt gegangen, ich weiß noch, wie sehr ich geweint habe. Ich finde das geschliffene Blumenmuster so schön, sie liegen gut in der Hand und Wein schmeckt aus ihnen besonders gut. Allerdings hole ich sie nur für besondere Menschen & Anlässe aus dem Schrank.

Ich liebe Taschen. Vor allem liebe ich kleine Taschen, die mehr Schmuck als Gebrauchsgegenstand und für den Alltag völlig nutzlos sind. Meine Mutter weiß das und schenkt mir immer wieder eine. Dieses wunderschöne mit kleinen schwarzen Perlen bestickte Exemplar ist mir besonders an Herz gewachsen. Es passen genau 4 Sachen rein: Schlüssel, Lippenbalm, Minigeldbeutel und Telefon, und das ist alles, was ich für einen schönen Abend brauche.

Den Füller hat mein Vater im Haus der Tante ausgegraben und an mich weitergegeben. Ich mag es sehr, mit Tinte zu schreiben, ich finde meine Schrift schöner und das Geschriebene wirkt irgendwie persönlicher. Und natürlich muss die Tinte aus einem Tintenfass kommen, nicht aus einer Plastikpatrone, . Seit mein Vater das weiß, schenkt er mir immer wieder alte Füller, die ich alle mag, aber dieser von Pelikan liegt am besten in der Hand, tropft nicht und schreibt am schönsten.

Die Uhr habe ich erst seit kurzem. Ich war mit meinen Eltern essen, sah die Uhr am Handgelenk meiner Mutter und habe am Rande und ganz ohne Hintergedanken bemerkt, wie hübsch sie sei. Ein paar Wochen später, hat sie sie mir geschenkt. Ich habe jahrelang keine Uhr getragen, das Handy hatte diesen Job übernommen (was übrigens sehr traurig ist, die Armbanduhr verdient unbedingt en Comeback!), aber diese gefällt mir so gut (sie ist klein und fein und so schön altmodisch, sie muss jeden Tag aufgezogen werden und ist keinesfalls bis 400 Meter wasserdicht), dass ich sie täglich trage.




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