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Früher bin ich ständig auf Konzerte gegangen. Seit ungefähr meinem siebzehnten Lebensjahr war das eines meiner liebsten Hobbys, auf Konzerte gehen, möglichst weit vorne stehen und ganz viel Bier trinken. Bierduschen, blaue Flecke, getränkt sein vom Schweiß fremder Menschen und ein Klingeln in den Ohren, das gehörte dazu und war toll. Red Hot Chilli Peppers, Rage Against The Machine, Alice In Chains, Pearl Jam, Ramones, Faith No More, Beastie Boys, Nine Inch Nails, Sonic Youth, und wie sie alle hießen, nur zu Nirvana bin ich nicht mit, weil meine Eltern ausgerastet wären, wäre ich mit nach München getrampt. Und zu faul dazu war ich außerdem, ich kann sie mir ja beim nächsten Mal angucken, dachte ich. Tja, wäre ich mal mitgetrampt.
Mit den Jahren wurden die Konzertbesuche dann weniger und ich fand Stagediving immer weniger reizvoll, dafür gefiel mir der Gedanke an bestuhle Konzerte zunehmend besser. Ah, Stühle, toll, auf denen kann man sitzen, wie bequem, ich steh' ja nun wirklich schon genug rum.
Gestern war ich das erste Mal seit längerer Zeit wieder auf einem Konzert. Und das Schöne war: alle anderen waren auch da. Nicht, dass ich tausend Leute persönlich gekannt hätte, aber die Menschen, die mir schon vor 20 Jahren aufgefallen und auf die Nerven gegangen sind, die gibt's immer noch. Und noch immer positionieren sie sich geschickt in meiner direkten Umgebung, um mich auf die Probe zu stellen. Die reinste Wiedersehensparty:
* Das frisch verliebte junge Paar, das Finger und Zungen nicht voneinander lassen kann und durch seinen Standort (direkt vor oder neben mir) dafür sorgt, dass ich pikiert versuche, woanders hinzugucken, aber das funktioniert nicht wirklich. Aaah, nimm' die Zunge aus ihrem Hals/Ohr und die Hand von ihrem Hintern/Busen und geh' ganz schnell mit ihr nach Hause. Oder meinetwegen auch auf's Klo oder den Parkplatz. Ich will so was nicht sehen, ich bin wegen der Musik hier.
* Der riesige Typ, der sich den ganzen Abend lang nicht bewegt, außer, wenn er sein Getränk zum Mund führt. Egal, wie weit vorne ich stehe, der riesige Typ, der sich nicht bewegt und sich offensichtlich voll langweilen muss, steht auch da. Warum steht er so weit vorne und versperrt mir die Sicht, wenn er 's doch blöd findet? Außerdem steht er immer da, wo ich hingucken muss, um das immer heftiger fummelnde Pärchen nicht zu sehen (nehmt euch ein Zimmer, verdammt noch mal!)
* Die Mädchenclique, die spät kommt (bestimmt waren sie erst ewig zusammen auf dem Klo, Lippenstift auftragen, wenn wir hier schon bei Stereotypen sind) und sich dann gewaltsam in die erste Reihe drängelt. Sie halten sich an der Hand und vorneweg bahnt die Rabiate ihren Freundinnen den Weg mit ihren spitzen Ellbogen. Sie ist zäh, sie kennt ihr Ziel und lässt sich von nichts aufhalten, und hält die Hand der ihr folgenden Schüchternen so fest, dass diese gar nicht stehen bleiben kann, sondern "aua, aua, du reißt mir die Hand ab" auch nach vorne muss, das muss man schon verstehen. Die dritte im Bunde ist dann die Unverschämte, die maulende Umstehende (mich) mit einem "ey, was soll'n der Scheiß, mach' hier mal nicht so 'n Stress" zur Seite schubst, oder auch mal auf deren Fuss stehen bleibt, bis die Rabiate den Weg bereitet hat. Meist folgt dann noch ein Anhängsel, das empört "ich gehör' da noch dazu" sagt. Ach so, tut mir leid, wusste ich nicht, klar kannst du vor, gerne doch. Leider schieben sie nie das Pärchen oder den Riesentyp aus meinem Blickfeld.
* Die Schreier, die sich irgendwo Hintergrund, im Dunklen verstecken und Sachen wie "lauter", "leiser", "Helga" oder "ohne Holland fahr'n wir zu EM" brüllen.
Ach, und das Dillon-Konzert? Das war irgendwie na ja. Einerseits schreibt sie wunderschöne Lieder, haut so Zeilen raus wie eben "you don't like Sonic Youth, so fuck off and die too", sie hat eine große Stimme und sieht dabei aus wie eine kleine Elfe. Andererseits wollte der Funke einfach nicht überspringen. Lag es daran, dass ich mit knutschendem Pärchen/riesigem Typ/Mädchengang/Schreiern beschäftigt war? Oder konnten die mich nur so ablenken, weil der Funke gefehlt hat? Keine Ahnung. Ein wirklich netter Abend war's trotzdem. Aber das lag nicht am Publikum oder an Dillon, sondern an Isabell.
Ach, Silke, du treibst mir ja Tränen in die Augen vor Rührung! Und du beschreibt so schön und treffend die Konzertmenschen! Toll! Ich lese und lese und nicke und nicke und dann kommt dieser Hammersatz und am Ende mein Name. Wow. Danke!!! Ich fand es auch einen sehr schönen Abend! Und freue mich sehr auf den nächsten! Und deine Kekse waren (!) verdammt lecker und die Musik ist verdammt toll.
AntwortenLöschenHerzliche Grüße!
Ich freu' mich auch auf den nächsten Abend - der Tisch ist reserviert - und natürlich auch darüber, dass die Kekse geschmeckt haben! Liebe Grüße und super schönes Wochenende!
AntwortenLöschenDanke. Schön.
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