(via the selvedge yard) |
Heute vor 19 Jahren habe ich das erste Mal versucht, den Führerschein zu machen, praktische Prüfung. Es hat nicht geklappt, ich habe beim Wenden in drei Zügen einen Blumentopf umgefahren und das war's dann, kein Weihnachtsbonus. Stattdessen Tränen, Tränen, Tränen und überhaupt keine fröhlichen Weihnachten. Vor allem weil das Durchfallen noch mehr Fahrstunden bedeutete. Fahrstunden, die schlimmsten Stunden meines Lebens.
Auf meinem Führerscheinfoto, das hoffentlich niemals im Internet auftauchen wird, sehe ich aus, als ahnte ich bereits das Unheil, das mit den Fahrstunden auf mich zukommen würde. Man sieht darauf ein Mädchen mit knallroten Wangen, traurigen Augen und gequältem Lächeln, es scheint zu sagen, bitte aufhören, ich will das gar nicht, ich habe Angst.
Steve McQueen, der King of Cool, sieht in seinem internationalen Führerschein so aus, als könne er es kaum erwarten, endlich loszubrettern. Ob er anders gucken würde, wenn er meinen Fahrlehrer gehabt hätte? Vermutlich nicht, Steve McQueen hätte ihm eine reingehauen und dabei unheimlich lässig ausgesehen. Und er hätte keinen Blumentopf umgefahren, der Blumentopf wäre ihm ausgewichen.
Nun, ich habe meinem Fahrlehrer keine reingehauen, es mir aber oft gewünscht. Ich bin bei ihm gelandet, weil es selbstverständlich war, mit 18 den Führerschein zu machen, ich lebte in einer Kleinstadt und wer am Wochenende nicht als Loser dastehen wollte, der mit dem letzten Bus voller anderer Loser fahren musste oder gar von den Eltern abgeholt wurde (das Allerletzte!), der brauchte eben den Führerschein. Und auch bei der Wahl der Fahrschule konnte man ins Fettnäpfchen treten, es gab richtige (die, die alle genommen haben, voll cool, weil mit Golfcabrio) und falsche (die mit den alten Fahrlehrern und Familienkutschen für alte Menschen, meine Freundin S. musste dort ihren Führerschein machen, weil der Fahrlehrer ein Freund ihres Vaters war, die Arme). Ich bin natürlich zur richtigen gegangen und das war falsch, denn deshalb bin ich beim T.. gelandet. Dem T. gehörte die Fahrschule, er trug die Haare wie Guttenberg früher, hatte gestreifte Hemden mit hochgestelltem Kragen an und einen pastellfarbenen Pulli um die Schultern geknotet. Außerdem war er ein Arsch. Seine Freundin, die N., arbeitete dort als Fahrlehrerin und manchmal hieß Fahrstunde, dass der T. und die N. auf dem Rücksitz gekuschelt haben, während sie sich von irgendwelchen Fahrschülern im offenen Cabrio durch die Gegen kutschieren liessen. Alle aus meiner Klasse fanden den T. voll gut und die N. voll süß und zusammen waren sie voll goldig, aber ich fand beide nur voll bescheuert. Und die Fahrstunden waren grässlich, der T. war kein guter Lehrer, überhaupt kein guter Lehrer. Heute kann ich das auch aus beruflicher Sicht sagen, ich bin ja auch Lehrerin, aber schon damals war mir das völlig klar.
Ich war bestimmt kein autofahrerisches Naturtalent, oh nein, ich war, sagen wir mal so, eine Herausforderung. Eine Herausforderung, die ein guter Fahrlehrer bestimmt gemeistert hätte, aber der T. hat total versagt. Ich war nervös und schreckhaft, hatte überhaupt kein Verständnis für Autos, mein räumliches Vorstellungsvermögen war extrem begrenzt und zudem waren links und rechts für mich austauschbare Begriffe. Außerdem habe ich schnell losgeheult, vor allem, wenn an mir rumgemeckert wurde, was der T. ständig tat. Er hatte wohl Angst um sein schickes Cabrio, der blöde Sack, dabei habe ich bestimmt die Hälfte davon bezahlt, so viele Fahrstunden, wie er mir aufgezwungen hat, bevor er mich für prüfungstauglich hielt. In der Nacht vor den Fahrstunden habe ich mich immer schlaflos hin- und hergewälzt und mir in den düstersten Farben ausgemalt, was wohl wieder schief gehen würde. Meistens war es noch schlimmer.
Die zweite Prüfung im Januar habe ich dann bestanden, vermutlich mit Ach und Krach, ich habe nicht gefragt, ich habe mir den Führerschein geschnappt und nichts wie weg. Zwischen Englisch-, Deutsch- und Matheabi war keine Zeit mehr, mich auch noch wegen dem T. zu sorgen (ich war voll damit beschäftigt, nicht zu viel für Mathe zu lernen, denn mit mehr als 6 Punkten hätte ich ins Mündliche gemusst und das wollte ich nicht riskieren). Von Autos hatte ich weiterhin keinen Plan, dass es einen Unterschied zwischen T.'s blödem Fahrschulgolf und dem Mercedes-Diesel meines Vaters gab, wurde mir in dem Moment klar, als ich frisch von der Prüfung mit dem Daimler nicht aus der Garage kam (mein Vater, den ich aus dem Krankenhaus abholen sollte, hat mir dann erklärt, was Vorglühen bei Autos ist, ich kannte das nur vom Trinken).
Ich habe dann ziemlich schnell gemerkt, dass ich doch ganz gut Auto fahren konnte und hab' das auch ziemlich lang gemacht. Ich konnte seitlich am Berg einparken, wenden ohne Blumentöpfe oder Nachbarskinder umzufahren, ich habe beim Fahren Tränen gelacht und bitterlich geheult, hatte (volltrunkene) Mitfahrer dabei, die von hinten nach vorne geklettert sind oder mir die Augen zugehalten haben und manchmal saß sogar meine Mutter neben mir, nicht volltrunken, aber die schlechteste Beifahrerin der Welt. In einem Schneesturm sind mir mal Scheibenwischer und Scheinwerfer ausgefallen und habe des öfteren die Freuden des Aquaplaning kennen gelernt, uah.
Und nichts, absolut nichts davon war so furchteinflössend wie der T., jahrelang bin ich zusammen gezuckt, wenn ich ihn nur aus der Ferne gesehen habe, winkend in dem verdammten Cabrio, und noch heute ist es mein absoluter Alptraum, noch mal eine Fahrstunde nehmen zu müssen. Zumindest beim T., bei so einem alten Fahrlehrer aus einer uncoolen Fahrschule für alte Leute wäre es vermutlich halb so schlimm. Oder bei Steve McQueen.
Auf meinem Führerscheinfoto, das hoffentlich niemals im Internet auftauchen wird, sehe ich aus, als ahnte ich bereits das Unheil, das mit den Fahrstunden auf mich zukommen würde. Man sieht darauf ein Mädchen mit knallroten Wangen, traurigen Augen und gequältem Lächeln, es scheint zu sagen, bitte aufhören, ich will das gar nicht, ich habe Angst.
Steve McQueen, der King of Cool, sieht in seinem internationalen Führerschein so aus, als könne er es kaum erwarten, endlich loszubrettern. Ob er anders gucken würde, wenn er meinen Fahrlehrer gehabt hätte? Vermutlich nicht, Steve McQueen hätte ihm eine reingehauen und dabei unheimlich lässig ausgesehen. Und er hätte keinen Blumentopf umgefahren, der Blumentopf wäre ihm ausgewichen.
Nun, ich habe meinem Fahrlehrer keine reingehauen, es mir aber oft gewünscht. Ich bin bei ihm gelandet, weil es selbstverständlich war, mit 18 den Führerschein zu machen, ich lebte in einer Kleinstadt und wer am Wochenende nicht als Loser dastehen wollte, der mit dem letzten Bus voller anderer Loser fahren musste oder gar von den Eltern abgeholt wurde (das Allerletzte!), der brauchte eben den Führerschein. Und auch bei der Wahl der Fahrschule konnte man ins Fettnäpfchen treten, es gab richtige (die, die alle genommen haben, voll cool, weil mit Golfcabrio) und falsche (die mit den alten Fahrlehrern und Familienkutschen für alte Menschen, meine Freundin S. musste dort ihren Führerschein machen, weil der Fahrlehrer ein Freund ihres Vaters war, die Arme). Ich bin natürlich zur richtigen gegangen und das war falsch, denn deshalb bin ich beim T.. gelandet. Dem T. gehörte die Fahrschule, er trug die Haare wie Guttenberg früher, hatte gestreifte Hemden mit hochgestelltem Kragen an und einen pastellfarbenen Pulli um die Schultern geknotet. Außerdem war er ein Arsch. Seine Freundin, die N., arbeitete dort als Fahrlehrerin und manchmal hieß Fahrstunde, dass der T. und die N. auf dem Rücksitz gekuschelt haben, während sie sich von irgendwelchen Fahrschülern im offenen Cabrio durch die Gegen kutschieren liessen. Alle aus meiner Klasse fanden den T. voll gut und die N. voll süß und zusammen waren sie voll goldig, aber ich fand beide nur voll bescheuert. Und die Fahrstunden waren grässlich, der T. war kein guter Lehrer, überhaupt kein guter Lehrer. Heute kann ich das auch aus beruflicher Sicht sagen, ich bin ja auch Lehrerin, aber schon damals war mir das völlig klar.
Ich war bestimmt kein autofahrerisches Naturtalent, oh nein, ich war, sagen wir mal so, eine Herausforderung. Eine Herausforderung, die ein guter Fahrlehrer bestimmt gemeistert hätte, aber der T. hat total versagt. Ich war nervös und schreckhaft, hatte überhaupt kein Verständnis für Autos, mein räumliches Vorstellungsvermögen war extrem begrenzt und zudem waren links und rechts für mich austauschbare Begriffe. Außerdem habe ich schnell losgeheult, vor allem, wenn an mir rumgemeckert wurde, was der T. ständig tat. Er hatte wohl Angst um sein schickes Cabrio, der blöde Sack, dabei habe ich bestimmt die Hälfte davon bezahlt, so viele Fahrstunden, wie er mir aufgezwungen hat, bevor er mich für prüfungstauglich hielt. In der Nacht vor den Fahrstunden habe ich mich immer schlaflos hin- und hergewälzt und mir in den düstersten Farben ausgemalt, was wohl wieder schief gehen würde. Meistens war es noch schlimmer.
Die zweite Prüfung im Januar habe ich dann bestanden, vermutlich mit Ach und Krach, ich habe nicht gefragt, ich habe mir den Führerschein geschnappt und nichts wie weg. Zwischen Englisch-, Deutsch- und Matheabi war keine Zeit mehr, mich auch noch wegen dem T. zu sorgen (ich war voll damit beschäftigt, nicht zu viel für Mathe zu lernen, denn mit mehr als 6 Punkten hätte ich ins Mündliche gemusst und das wollte ich nicht riskieren). Von Autos hatte ich weiterhin keinen Plan, dass es einen Unterschied zwischen T.'s blödem Fahrschulgolf und dem Mercedes-Diesel meines Vaters gab, wurde mir in dem Moment klar, als ich frisch von der Prüfung mit dem Daimler nicht aus der Garage kam (mein Vater, den ich aus dem Krankenhaus abholen sollte, hat mir dann erklärt, was Vorglühen bei Autos ist, ich kannte das nur vom Trinken).
Ich habe dann ziemlich schnell gemerkt, dass ich doch ganz gut Auto fahren konnte und hab' das auch ziemlich lang gemacht. Ich konnte seitlich am Berg einparken, wenden ohne Blumentöpfe oder Nachbarskinder umzufahren, ich habe beim Fahren Tränen gelacht und bitterlich geheult, hatte (volltrunkene) Mitfahrer dabei, die von hinten nach vorne geklettert sind oder mir die Augen zugehalten haben und manchmal saß sogar meine Mutter neben mir, nicht volltrunken, aber die schlechteste Beifahrerin der Welt. In einem Schneesturm sind mir mal Scheibenwischer und Scheinwerfer ausgefallen und habe des öfteren die Freuden des Aquaplaning kennen gelernt, uah.
Und nichts, absolut nichts davon war so furchteinflössend wie der T., jahrelang bin ich zusammen gezuckt, wenn ich ihn nur aus der Ferne gesehen habe, winkend in dem verdammten Cabrio, und noch heute ist es mein absoluter Alptraum, noch mal eine Fahrstunde nehmen zu müssen. Zumindest beim T., bei so einem alten Fahrlehrer aus einer uncoolen Fahrschule für alte Leute wäre es vermutlich halb so schlimm. Oder bei Steve McQueen.
Silke, Du machst mir Hoffnung. Im Januar beginne ich endlich, ENDLICH mal mit dem Führerschein (erstmal die Theorie, vor der Praxis hab ich ja immer noch Schiss, wie alt muss man eigentlich werden, um davor keine Angst mehr zu haben?). Aber wenn ich das so lese, glaube ich, dass das doch irgendwie zu schaffen sein muss. Immerhin hab ich einen super Fahrlehrer, und keinen T., und ich hab DEIN GLÜCKSAUTO! (Und danke für den Satz mit dem Blumentopf und Steve McQueen, großes Kino!).
AntwortenLöschenUaaah! Ich schwanke zwischen "Ich lach mich tot!" und "Jajaja! Genauso war das mit dem Führerschein....!". Allerdings hatte ich einen alten Fahrlehrer, der sich ein goldenes Lenkrad durch die Unmenge an Fahrstunden, die er mir aufgezwungen hat, verdiente.... Zum Glück ist das alles laaaange her und ich fahre inzwischen sehr gerne Auto, egal was für eines!
AntwortenLöschenUnd ich habe den größten Teil Ihres wunderbar unterhaltenden Blogs gelesen und mich bestens amüsiert! Danke dafür und schreiben Sie weiter!!
Grüße von Frau Q, die auch in der Nähe der Landeshauptstadt aufgewachsen ist!
Du Erzählkünstlerin! Ich lieb es für mehrere Augenblicke in Deine Geschichten einzutauchen und mir T., S. und Dich in den 90ern vorzustellen.
AntwortenLöschenUnd Okka: Mach Dir keine Sorgen. Ich habe meinen Führerschein seit 8 Jahren, kann trotzdem nicht Auto fahren und hab deshalb von Jahr zu Jahr mehr Angst...
Yeah, Okka, you go, girl!! Du wirst das Ding schon rocken, davon bin ich sowas von überzeugt.
AntwortenLöschenVielen Dank für das Kompliment, liebe Frau Q, das freut mich sehr!
Rike, dann hast Du auf jeden Fall was zu lachen, diese Fahrstunden waren der reinste Slapstick und für Zuschauer sicher sehr unterhaltsam. Aber lass' beim Vorstellen bitte meine Frisur weg, die ist mir nämlich peinlich ;.)
Herrlich, herrlich :)
AntwortenLöschenEs ging mir genauuuusoooo! Und auch mein erstes nach-Fahrschul-Auto war Papas Daimler (ca 7m lang in Förstergrün..."ah! die Handbremse muss also getreten werden...")
Danke,
Reez