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Zehn Antworten.

Auf Okkas Fragen


Du hast ein Treffen mit deinem 17-jährigen Selbst. Wo trefft ihr euch? Worüber würdest du mit dir reden? Und was würdest du dir raten?

Meinem 17-jährigen Selbst müsste ich in einer der beiden Kneipen auflauern, in die es meistens direkt nach der Schule gegangen ist, um zu erst stundenlang bei Apfelschorle zu kniffeln und überbackene Baguettes zu essen, um dann am frühen Abend zu Schorle weiß-sauer und Ramazotti überzugehen, bevor es mit seinen Freunden in irgendeinen Club gegangen ist.
Ich könnte ihm sagen, dass es etwas vorsichtiger sein soll, weniger Alkhol trinken, weniger Party, dass manche Freunde keine Freunde sind, dass es sich keine Sorgen machen soll, weil es dieses gebrochene Herz natürlich überleben wird. 
Aber ich glaube, es würde nicht zuhören, weil es mich für wahnsinnig alt halten und denken würde, dass ich ja gar keine Ahnung vom Leben und seinem unendlich tiefen Schmerz habe.
Vielleicht würde ich ihm einfach nur sagen, dass es schon ganz in Ordnung so ist, wie es ist, und nicht versuchen muss, so zu sein, wie die beste Freundin. Und dass man mit über dreißig NICHT wahnsinnig alt ist.



Dein schönstes Körperteil? 

Beine. Und sind Augenbrauen ein Körperteil? Ich habe nämlich perfekt geschwungene Augenbrauen, hat mal jemand gesagt. Ha!


Bestellst du im Restaurant immer das Gleiche oder immer etwas Anderes?

Ich bin ein langweiliges Gewohnheitstier. Ich habe meine Lieblingsläden und da habe ich meine Lieblingsgerichte, die ich eigentlich jedes Mal bestelle. Hier die lauwarmen Reisnudeln. Hier das Kartoffel-Gemüse-Curry. Und hier das vegane Foccacia. Trotzdem brauche ich ziemlich lang, um mich zu entscheiden, ich lese die ganze Karte, oh das ist auch gut und das ist neu und bestimmt lecker, aber am Ende bestelle ich doch wieder das alte Lieblingsgericht. Und auch wenn ich selbst koche ist es ähnlich. Es gibt Phasen, da esse ich jeden Tag das gleiche, monatelang. Langweilig, aber das ist mir und meiner Seele egal.


Der beste Geruch der Welt?

Sommer.
 
Bist du manchmal neidisch? Worauf?

Ja. Ich bin manchmal neidisch auf Menschen, die etwas haben, das ich (in diesem Moment) nicht habe. Oder nicht sehe. Und das ich gerade vermisse. Das kann alles mögliche sein: Unbedarftheit, Unbekümmertheit, Mut, Geschmack, Selbstbewusstsein, Familie, Freiheit, Dummheit, Technikverstand, handwerkliches Geschick, Musikalität, Stil, Gelassenheit, Glück, Zeit,...
Manchmal auch ganz bescheuerte Sachen wie Klamotten, Aussehen oder Geld.


Welche Farbe haben deine Socken?

Schwarz. Oder grau. Früher, als ich noch auf Station gearbeitet habe, habe ich bei der Arbeit weisse Socken getragen. Aus dieser Zeit stammt vermutlich auch mein angespanntes Verhältnis zu dieser Farbe. Sobald ich zu viel weiß trage, fühlt es sich an wie Berufskleidung und ich muss aufpassen, dass ich nicht anfange, ungefragt allen den Puls zu fühlen oder mich nach ihrem Stuhlgang zu erkundigen.


Und deine Gedanken?


Anstrengend. Die wechseln so schnell und jeder hat eine andere Farbe. Ich glaube, ich habe eine Lichtorgel mit Stroboskop im Kopf.


Stell dir vor, du könntest in einem Film leben. Welcher wäre das? Oder würdest du lieber in einem Buch wohnen?

Ich würde wahnsinnig gern in einem Woody Allen Film leben, vor allem Vicky, Cristina, Barcelona oder Midnight in Paris oder Matchpoint. Da wohnen die Menschen alle so schön, das will ich auch.



Deine liebste Kindheitserinnerung?


Die Familienurlaube in Dubrovnik. Bis ich 14 oder 15 war, sind wir jedes Jahr im Sommer dorthin gefahren. 
Ich erinnere mich noch genau an unseren grünen VW Passat, Baujahr '77, meine jüngste Schwester ist auch Jahrgang '77 und war überglücklich, genau so alt zu sein wie das Auto, sie hat es ständig und jedem erzählt, "ich bin so alt wie mein Auto". Wir sind immer abends losgefahren, mein Vater hat die Rückbank umgeklappt, wir drei Mädchen bekamen improvisierte Betten, Gepäck auf's Dach und los ging's. Die Grenzbeamten fanden uns immer sehr niedlich, drei schlafende Kinder im Kofferraum, wie süß, und für die Nerven meiner Eltern war's sicher auch von Vorteil, Gezeter und Gezanke, wer die nächste Kassette aussuchen darf, gab's auch so noch genug. Damals hat man sich nicht groß um so was wie Anschnallen geschert, wird schon nix passieren, Kinder hinten ins Auto werfen und fertig. Dubrovnik ist eine wunderschöne Stadt, wir wohnten immer in einer Ferienwohnung auf einem Berg mit großer Terrasse und einem unglaublichen Ausblick auf's Meer. Wir Kinder durften im Strandcafé Zitronenlimonade und Eis kaufen, es gab eine riesige Rutsche ins Meer und ich habe stapelweise John-Sinclair-Romane gelesen, die fand ich super. Abends sind wir dann oft durch die Stadt gelaufen und essen gegangen, was für mich ein unglaublicher Luxus war. Meine Liebe zu Ajvar und Djuvec und rohen Zwiebeln begann damals und hat niemals aufgehört.
Ach, mir wird ganz warm, wenn ich daran denke.

 

Was liest und hörst und siehst du gerade?

Lesen: Das hier hat mir mein Freund E. empfohlen. Der, der nach Indien geht und die besten Buchtipps der Welt gibt. Also werde ich das bald anfangen.
Hören: Nancy Sinatra. Moneybrother.
Sehen: am Wochenende hoffentlich The Artist.

Kommentare

  1. "Ich glaube, ich habe eine Lichtorgel mit Stroboskop im Kopf". Die abgefahrenste Aussage, die ich seit langem gehört habe.
    Ich liebe deinen Schreibstil! Hab mir grade die ersten 4 oder 4 Seiten deines Blogs einverleibt, ein bisschen zu sehr geschlungen vielleicht, weil dann schmeckt man ja nicht so gut, aber ich hab mich nicht verschluckt, sondern höchstens noch einen Krümel im Hals, die "Lichtorgel" nämlich.

    Werde nun offiziell dein "Follower" sein!

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  2. Liebe Rebekah, das freut mich wirklich außerordentlich - ich kann mich an kein so schön geschriebenes Kompliment erinnern. Tausend Dank!

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