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Eine haarige Situation


Ich hab' schon wieder einen neuen Friseur, das mit R und mir hat doch nicht so hingehauen, ich komme beim Haare schneiden mit Frauen nicht so gut klar. (Diese ganze Geschichte, dass Frauen sensibler sind und andere Frauen besser verstehen und auf sie eingehen können - bullshit, ich habe derart biestige, zickige Weiber erlebt, nee, nee, ich lass meine Haare lieber von Jungs schneiden.) Und dann lief da dauernd dieser nervige Hund im Salon rum und hat meine Tasche voll gesabbert. Meine! Tasche! Igitt! Ich bin beim Haareschneiden also nicht nur kein Frauen- sondern auch kein Hundemensch.
Jetzt also M. M ist toll. Aber auch er hat mir die Frage gestellt, die mich immer ins Grübeln geraten lässt: "Farbe oder nur schneiden?" (Tatsächlich hat er gar nicht gefragt, sondern selbstsicher "aber schon Farbe" gesagt.)

Meine Antwort lautet immer nein, ich habe mir noch nie beim Friseur die Haare färben lassen, das habe ich auch M gesagt. Oh, natürlich habe ich mir die Haare gefärbt, jahrelang, in allen Regenbogenfarben, wobei, na ja, die Farben, die ich stolz getragen habe, kommen im Regenbogen nicht vor. Die Natur würde sich so was nicht antun, sie hat schliesslich ihren Stolz. Fieses Aubergine, das im Regen meine Kleider färbte, Kermitgrün, Augenbluten auslösendes Orange, fleckiges Schwarz, alles was das Drogerieregal hergab. Und Henna, klar, auf jeden Fall Henna. Irgendwann wusste ich meine Naturhaarfarbe nicht mehr und war stolz darauf. Meine arme Mutter, tapfer hat sie die verfärbten Handtücher gewaschen und immer gesagt, dass ich gut aussehe. War bestimmt nicht einfach.
Irgendwann wusste ich meine Naturhaarfarbe dann wieder, mochte sie, mag sie immer noch, habe keine Lust auf die Färberei.

Aber jetzt geht's noch um etwas anderes, jetzt geht es um das Grau. Vor 10 Jahren ungefähr ist bei mir das erste graue Haar aufgetaucht, auf einer Party meiner Freundin K hat eine Bekannte es entdeckt, ohne zu fragen ausgerissen und es mir unter die Nase gehalten, während sie einen kleinen Tanz aufführte. Ich war zunächst entsetzt, dann dachte ich mir, na ja, ist ja nur eines und sie ist 'ne blöde Kuh, dann hab' ich es vergessen.

Jetzt sind es mehr, einige mehr, grau, grau, grau sind alle meine Haare, zumindest fühlt es sich an manchen Tagen so an und ich habe das Gefühl, dass eine Grundsatzentscheidung ansteht. Graue Haare wegfärben, von jetzt an bis in alle Ewigkeit oder in Weisheit (ha ha) ergrauen. Bin ich mehr Andie MacDowell, die findet, dass sie immer zu jung für graue Haare sein wird und entschieden ihre sattbraune Mähne gen Kamera schwingt, einen über jeden Zweifel erhabenen Trotz im Blick, oder Jamie Lee Curtis, die irgendwann keinen Bock mehr auf die ganze Färberei hatte und es jetzt einfach sein lässt und ebenso entschieden und über jeden Zweifel erhaben ihren weissgrauen Schopf präsentiert? Die Frisur ist schon mal mehr Jamie, hm, und eigentlich gefällt mir ihre Haltung besser.

Es ist doch so, irgendwann muss man sich entscheiden, färben oder nicht färben, oder hat tatsächlich mal jemand ausser meinem Kollegen J dieses Renature-Zeug ausprobiert? Wenn man mal damit angefangen hat, dann hängt man drin, sonst ist man - tadaa - eine der Frauen, die mit ungefähr 10 cm langen grauen Ansätzen herum laufen, während der Rest der Haare orange leuchtet und die Welt, vor allem andere Frauen (ich sag's ja: fies), ihnen mitleidige Blicke zuwirft und ungläubig den Kopf schüttelt. Eine von diesen Frauen will ich auf keinen Fall sein. Auf gar keinen Fall.
Wenn schon, denn schon, grau oder nicht grau. Ich vermute aber stark, dass ein nicht grau in Arbeit ausarten könnte, so eine Haarfarbe will gepflegt sein. Ich glaube nicht, dass Iris Berben oder Andie MacDowell sich tatsächlich mit einer 4,95 €-Coloration um ihre Ansätze kümmern, no Sir, da sind bestimmt viele fleissige Helferlein am Start, die Udo Walze dieser Welt leben ja nicht von Luft und Liebe. Die Helferlein werde ich wohl eher nicht haben, und selbst wenn ich mir in irgendeiner fernen Zukunft oder einem Paralleluniversum welche leisten können sollte, dann wären es solche, die sich um klebrige Fussböden und verkrustete Backöfen kümmern. Und ich selbst bin viel zu faul, schiebe so Kram gerne vor mir her, eben so lange, bis die Welt mitleidig den Kopf schüttelt ob meiner halb grauen, halb orangenen Haarpracht.

Puh, wirklich nicht so einfach. M hat das mit meinen Haaren jedenfalls prima hingekriegt, zu dem geh' ich wieder. Und jetzt versuche ich das mit dem in Würde und Weisheit ergrauen, ist ja auch noch ein bisschen Zeit, hoffentlich. Bei Zweifeln gucke ich mir einfach Jamie oder die Lady auf dem Foto an. (Auch wenn bei ihr garantiert auch so einige helfende Hände zur Aufrechterhaltung der Optik notwendig sind.)


Kommentare

  1. Puh, schwieriges Thema. Aber übernimmt das Nachfärben nicht normal der Personal Trainer :O)?

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    1. Oder der Ernährungsberater, je nachdem. Bei Personalmangel vielleicht auch mal der Bodyguard oder der makrobiotische Koch, wer halt grad Zeit hat.

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  2. Liebe Silke,
    ich lese Dein Blog schon eine Weile und freue mich immer über neue Posts, kommentiere allerdings eher selten. Aber jetzt krieche ich doch mal aus meiner stummen Höhle: Ich bin noch nicht ganz dreißig und habe seit fünf, sechs Jahren die ersten grauen Haare, inzwischen auch nicht mehr ganz wenige. In meinen Haaren hält aber keine Farbe. Jedenfalls glaube ich das seit einer sauteuren Färbeaktion bei einem ziemlich guten Friseur. Die Farbe hat damals keine zwei Wochen gehalten, der einzige länger sichtbare Effekt war ein mausgrauer Schimmer, auf den ich gut verzichten kann. Nach dieser Pleite habe ich keine Färbung oder auch nur Tönung mehr zugelassen. Und muss deshalb in Würde ergrauen, wenn auch etwas vor der Zeit, wie ich finde. Aber - langer Kommentar, kurzer Sinn - ich freue mich über jede, die das auch tut. Meine Mutter habe ich inzwischen auch schon überredet, die Farbe wegzulassen, und nach einer blöden Übergangszeit hat sie jetzt wirklich tolle silbergraue Haare, die viel besser aussehen als alle Kunstfarben vorher. Also: Ich freue mich.
    Grüße,
    Almut

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    1. Liebe Almut, vielen Dank für Deinen schönen Kommentar - es freut mich ebenfalls, dass es noch andere gibt, die sich nicht dem Färbediktat unterwerfen. Lass' uns die mehr oder weniger zahlreichen grauen Haare mit Stolz tragen, wie alt oder jung wir sind hängt nicht von der Haarfarbe ab, auch wenn L'Oreal & Co. das behaupten!
      Schönes Wochenende, Silke

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  3. Liebe Silke.


    Seit einigen Jahren sind da diese grauen Haare, auch bei mir. Sogar schon ein Brauenhaar. Und ich überlege, was machen. Zum Zupfen wirds langsam zuviel und ich sehe doch immer mal wieder so tolle Frauen mit wunderbar grauen Haaren. Hauptsache, ein guter Schnitt. Und da ich fürs Ansatzfärben irgendwie auch zu faul bin und Ansätze per se auch total blöd finde, harre ich der Dinge und habe mich für Natürlichkeit entschieden. Vor ca. 15 Jahren ging es mir aber wie Dir, je bunter desto besser. ;)

    Und jetzt ein schönes Herbstwochenende Dir,
    Katja

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    1. Jaha, so ein vorwitziges Brauenhaar hatte ich auch schon.
      Und das Zupfen kenne ich, nur erwische ich dabei dann immer die nichtgrauen, die grauen tauchen unter. Und zu blöd wird's mir auch, also: was kommt das kommt, und fertig, Hauptsache guter Schnitt, ganz genau.
      Vermutlich ist das Ganze auch Riesentheater um nix, vermutlich springen nur uns die grauen Haare ins Auge, weil wir uns im Spiegel sezieren, abscannen, danach suchen, nichts anderes sehen. Puh, zum Glück gibt's da die anderen, die uns als ganze Person sehen und so ein Gejammer mit "ich seh' bei dir graue Haare nur dann, wenn du sie mir zeigst" quittieren.
      Liebe Grüsse & schönes - wenn auch kaltes - Wochenende,
      Silke

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  4. ich bin leider schon seit teenager-jahren (!!) mit immer mehr ergrauenden haaren gestraft und tatsächlich jetzt, mit 34, zu 90% GRAU!!! wirklich wahr!
    ich töne und färbe mich also seit urzeiten durch das drogerie-angebot (und mittlerweile öfters beim friseur) und werde es auch beibehalten, bis ich 50 oder schwanger bin.
    so toll graue haare aussehen können - siehe auch dein beispiel Carmen Dell' Orefice - graue haare machen leider nicht nur weise sondern auch alt.
    ich fühle mit dir. LG, frau nord

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    1. Ich glaube, wenn ich mit Anfang/Mitte zwanzig grau geworden wäre, hätte ich auch gefärbt (gut, in diesem Alter habe ich das sowieso getan), das wäre mir auch zu früh, auch mit Mitte 30 wäre mir das zu früh. Ich hab' ja nur die üblichen grauen Haare, die mit Ende dreissig normal sind, und das beschäftigt mich schon - mehr Grau hieße für mich mehr Grübeln und vermutlich auch Färben. Vor Ewigkeiten hab' ich mal einen Artikel über eine Frau gelesen, die mit Anfang 30 komplett ergraut war und sich gegen Färben entschieden hatte oder nicht färben konnte und sich ganz gut damit angefreundet hatte, aber auch erzählt hat, wie anstrengend es ist, mit grauem Haar eben nicht alt zu wirken und dass sie unglaublich viel Zeit & Mühe in Haarschnitt, Outfit und Make-up investiert. Echt nicht einfach.
      Liebe Grüsse, Silke

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  5. Liebe Silke,
    leider sind die so schön ergrauten Damen durchaus auch gefärbt oder gesträhnt, wie mir die Friseurin meines Vertrauens erzählt hat. Das natürliche Grau ergibt meist einen Gelbstich, der durch Grau- und Weißfärbungen (-strähnungen) weggefärbt wird. Ich würde sagen, jeder so, wie er sich gut fühlt. Ich fand meine Mutter mit 50 Jahren zu früh ältlich durch die grauen Haare und möchte das jetzt noch nicht. Mein Äußeres soll zu meinem Inneren passen, auch wenn ich schon 48 Jahre alt bin. Später, so mit 70 kann ich mir grau gut vorstellen.
    Aber das Thema ist spannend und ich habe das Thema auch schon so oft durchdacht wie Du.
    Liebe Grüße,
    Suzan

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    1. Hm, das habe ich auch schon gehört - Grau ist nicht gleich Grau und das Natürliche ist nicht immer das Schönste, wobei ich während der Arbeit im Krankenhaus auch auf Frauen getroffen bin, die das allerschönste strahlende Weiss oder ein wunderbares Silbergrau hatten, ganz ohne Färbung, also gehört da auch Glück dazu. Tja, tatsächlich ein Thema, das viel Stoff zum Nachdenken bietet, es geht ja viel mehr ums Altern als um die Haarfarbe und vermutlich gibt's so viele richtige Wege wie Menschen.
      Liebe Grüße, Silke

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